Die Wölfin - Lesbenkurzroman (2002)

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Jeannette-Anna Hollmann
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Die Wölfin - Lesbenkurzroman (2002)

Beitrag von Jeannette-Anna Hollmann » Mo 8. Jan 2018, 01:09

Die Wölfin

Es ist lange her, daß ich das Bedürfnis hatte, zu schreiben. Aber die Ereignisse haben sich in der ersten Woche unseres "Kennenlernens" dermaßen gebündelt, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, wenn ich daran denke...
Ich habe sie am 08.08.'98 im Stollwerk gesehen und sie ließ mir keine Wahl, ich wollte sie.
4,5 Monate hatte ich mich danach gesehnt, 4,5 Monate hatte ich nur Elend erlebt, die für mich uninteressante Heterowelt, psyschiche Abstürze um mich herum, ein sehr lieblos eingerichteter Rosengarten, den ich mir niemals so vorgestellt hatte, 4m Zigaretten jeden Tag, manchmal 5m, wenn die Nacht zum Tag wurde, und dann sie:
Mit ihren versteckten Grübchen, ihrem geheimnisvollen, sinnlichen Blickfang, ihren anmutigen Schultern; ich faßte allen Mut zusammen und sprach sie einfach an. Ich hatte es mir so vorgenommen jedenfalls. Die erste Möglichkeit hatte ich bereits vertan, die zweite auch, es gab mir umso mehr Zeit, sie weiterhin nur zu beobachten und mir vorzustellen, was ich ihr sagen könnte. Die Worte kamen wie von selbst über meine Lippen. "Es fehlen 2 Planeten auf Deinem T-Shirt!"---
"Wieso? Welche?"--"Sie sind erst vor etwa 2 Wochen entdeckt worden und jeweils größer, als Jupiter mit einem Durchmesser von 412000 km!" Der Anfang war geschafft, uff, ich fing ihre Blicke auf und merkte gar nicht mehr, worüber wir redeten, es war nicht weiter auffällig, weil sie ganz von selbst die Unterhaltung steuerte und so hatte ich Gelegenheit, den Klang ihrer Stimme aufzufangen. Sie war erotisch dunkel und hatte etwas von einer reifen Frau, ihre Augen durchdrangen mein Unterbewußtsein und ich mußte mich stark darauf konzentrieren, daß ihr unsere Konversation nicht zu langweilig wurde, weil ich es ungemein genoß, wie sie mich ansah. Ich konnte nicht anders als dahin abschweifen und es entstand eine geräumige Pause. Ich spürte die Spannung, die sie unterhalb meiner Gürtellinie auslöste und ignorierte sie, um weiter mit ihr zu reden...

6 Tage später, wir hatten uns fast jeden Tag geliebt, waren beide ausgepowert, wollte sie, was sie bereits schon nach 5 Tagen betonte, daß wir uns auf freundschaftlicher Basis nach einer Pause von einer Woche wiederbegegneten. Es wurde eine sehr lange Woche. In dieser Woche arbeitete ich weiterhin daran, mit einem Bein auf eigenen Füßen zu stehen, das andere war noch nicht gesund genug: Ich litt unter Depressionen, sagten sie, es hatte mich vor 4,5 Monaten umgehauen, als ich mich in diesem Loch der Schwerfälligkeit, Frustration, Todessehnsucht und Melancholie wiederfand.
Nun übte ich mich in Geduld, eigentlich eine mir sehr vertraute Eigenschaft durch die letzten 4,5 Monate. Wie oft hatte ich einfach nur dagesessen und gewartet, daß alles vorübergeht und besser werden würde. Ich war ohnmächtig vor Seelenschmerz.

Ich wartete auf ein Zeichen von ihr. Ich hielt es nicht mehr aus. Warum mußte diese weitere endlos lange Woche vergehen?
Sie kam mir länger vor als dieses letzte halbe Jahr, ich hatte mich von meiner Vergangenheit und damit von meinen beiden letzten Freundinnen getrennt, die eine als Verhältnis, die andere als Beziehung, es konnte gar nicht gut gehen, weil ich viel zu monogam war und bin...
O. K., ich machte den ersten Schritt, obwohl mir klar ist, daß sie sich damit unter Druck gesetzt fühlen könnte, aber ich hielt es nicht mehr aus.
"Hallo?" - "Hallo Ilona, hier ist Jeannette ; ich hab`s mir überlegt und möchte auch eine Freundschaft zu Dir. Alles andere wäre zu anstrengend für mich. Auch ich fühle mich völlig durcheinander und überfordert durch die letzte Woche. Ich wollte es Dir nur schon einmal sagen, um den Wind aus den Segeln zu lassen..."- "Wieso, was für einen Wind?"- " Na dieser Druck, der auf allem lag, zumindest für mich." - "Ich freue mich, daß Du anrufst, ich hätte nicht gedacht, daß Du es bis heute aushälst. Also hast Du es Dir auch wirklich überlegt?"
"Ja, ich denke es ist besser so" - "Also, ich wollte Dich nicht in meinen inneren Konflikt miteinbeziehen. Und Du bist Dir wirklich sicher, daß Du eine Freundschaft willst?" - Mein Atem stockte, was sollte ich ihr jetzt sagen? Was ich empfand oder was ich anfangs gesagt hatte? Sie schien es zu merken und fragte nochmals: "Ist es auch wirklich klar für Dich?" - "Tja, also was willst Du jetzt hören?" - "Ich möchte eine ehrliche Antwort!" - " ---Ich habe mich in Dich verliebt.--- Ich hatte jedoch irgendwie das Gefühl, daß Du mich als Lückenfüllerin brauchtest, jetzt Dein Triebleben befriedigt hast und Dich gerne wieder zurückziehen wolltest und..."- " Alles, was ich zu Dir gesagt habe, habe ich auch so gemeint, ich wollte Dich nicht als Lückenbüßerin. Ich hatte einen inneren Konflikt damit, daß Du auf mich eine starke erotische Ausstrahlung hast und meiner Vernunft. Marion meinte, ich sollte Dich da nicht miteinbeziehen...Wolltest Du schon früher anrufen?" - " Ja, natürlich, ähem,..." - "Wann? Gestern?" - "Ja, und Du, wolltest Du mich auch anrufen?" - "Ja, ich wollte es gestern."- "Hast Du an mich gedacht?" - "Ja." - Pause auf beiden Seiten - Ich sage ihr, daß ich es eben schon probiert hätte, aber das besetzt gewesen sei, wir vereinbarten, daß wir uns am nächsten Tag sehen und merkten, wie gut es tat, daß wir uns ausgesprochen hatten, sagten uns noch einige Zärtlichkeiten und beendeten glücklich das Gespräch.

Endlich am nächsten Abend – es war eine halbe Ewigkeit vergangen - sah ich sie wieder. Sie hatte sich eine Grippe zugezogen, wie sie meinte, psychosomatisch bedingt durch die letzte Woche. Wir unterhielten uns sehr lange und ausführlich über das Geschehene und beglückt darüber, daß auch sie immer noch sehr viel für mich empfand, fuhr ich nachts mit dem Rad nach Hause zurück. Wie ich sie liebte, wenn sie mir gegenüber unsicher wurde, mich dabei eindringlich mit ihren hübschen, blauen Augen ansah, so daß es zwischen uns prickelte, ich kannte das schon gar nicht mehr, es war noch nie so intensiv, sie könnte meine Traumfrau sein...
Donnerstags sahen wir uns nur ganz kurz und freitags kam sie zu mir, wir luden mein Fahrrad in ihren Kastenwagen und fuhren zu ihr. Während wir bei ihr einen eigentlich ziemlich interessanten Film sahen, unterhielten wir uns soviel, daß der Film zur Nebensache und die Lust aufeinander immer größer wurde. Irgendwann sagte sie : „Ich hab noch ein bequemeres Zimmer nebenan...“ und führte mich in ihr Schlafzimmer, wo wir uns die halbe Nacht liebten...
Völlig erschöpft schliefen wir ein bißchen. Leider hielt es bei mir nicht lange an, krankheitsbedingt hatte ich noch immer diese innere Unruhe. Ich stand früh auf, um frische Luft einzuatmen und mir ihre Gegend ein wenig anzuschauen. Wir legten uns noch etwas hin, aber auch daraus wurde nichts, so kuschelten wir in ruhiger Harmonie miteinander, bis ich sie gegen 10.00 Uhr verließ, um mich bei mir etwas auszuruhen.

Am Wochenende sahen wir uns nicht. Ich wußte nicht, was ich Sonntagabend darüber denken sollte, sie hatte zwar morgens auf mein Band gesprochen, aber da war ich schon wieder unterwegs. Irgendwie war ich jedoch nicht so sehr beunruhigt und als hätte ich es im Gefühl, meldete sie sich dann auch. Sie kam zu mir und küßte mich sehr leidenschaftlich zur Begrüßung. Wir fielen übereinander her, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen. Mir kamen schon langsam Zweifel, ob wir es jemals schaffen würden, etwas ganz Normales miteinander zu tun, Kino, Essen, Schwoofen, etc...

Am nächsten Tag, als wir uns im Kölsch Rouge trafen und sie mir von ihrer Arbeit, ich ihr von meinen Alltäglichkeiten erzählte, beschlossen wir, noch ins Indigo zu gehen. Dort angekommen, wurde uns die Musik auch zu laut. Nach einer Weile schlug sie vor, einfach durch die Gegend zu kurven, irgendwo einen Platz aufzusuchen, wo wir ungestört und hemmungslos sein konnten. Ich brauchte nicht lange überlegen und wir fuhren nach Köln- Rodenkirchen an den Rhein. Frisch verliebt gingen wir Hand in Hand zum Ufer und beobachteten das Lichtspiel der Wellen, genossen die Stille, Luft und Stimmung, küßten uns ausgiebig, und mir wurde bewußt, daß ich wieder lebe. Gern hätte ich die Zeit angehalten, aber irgendwann wurde uns, obwohl sie auf meinem Schoß saß und wir eng aneinandergeschmiegt waren, dann doch zu kalt. Ich brachte sie nach Hause...

Später rief sie mich an und obgleich ich nicht damit gerechnet hatte, trafen wir uns bei ihr, redeten noch mal über den gestrigen, romantisch-zärtlichen Abend am Rheinufer und auch ihr war mein Gesicht vor Augen nicht aus dem Kopf gegangen. Unentschlossen, was wir tun wollten (Schmusen, Video gucken oder Vorlesen), verharrten wir eine Weile auf dem Sofa und schauten uns dabei wie Weltwunder an, worauf hin sie im Bad verschwand und mir die Entscheidung überließ. Egal wie sie ausfiel, mir war klar, daß wir im Bett landen würden...Es tat gut, sie zu sehen, zu berühren und ganz nah bei mir ihren Atem zu spüren, mir wurde schwindelig vor Erregung. Eine tiefe Sehnsucht überkam mich, mit ihr zu vereinigen, miteinander zu verschmelzen und gemeinsam zum Höhepunkt zu gelangen, erst langsam-einfühlend, dann immer heftiger bis zur Atemlosigkeit in ihren Armen wieder aufzutauchen. Danach blickten wir uns lange glücklich lächelnd an. Es hatte sie angemacht, wie ich gekommen war, ich spürte ein brennendes Beben zwischen ihren Oberschenkeln, meine Finger wurden von ihrer Hitze und Feuchtigkeit wie von selbst eingesogen, ein paarmal war sie kurz davor, ich liebte sie mit all meiner Kraft. Irgendwann fiel sie total erschöpft neben mich und wies mich auf eine mir bis dahin völlig fremde, impulsive Weise von sich.
Hilflos und frustriert zugleich wußte ich zunächst nicht, wie ich darauf reagieren sollte; schließlich deutete ich ihr Zurückweisen so, daß sie allein sein wollte und begann, mich anzuziehen. Damit schien sie nicht gerechnet zu haben, jedenfalls sagte sie einigermaßen entsetzt, ich solle nicht gehen, sondern zu ihr kommen. Zunächst gekränkt über ihr Verhalten, sträubte ich mich und stammelte gleichzeitig was von Entschuldigung, doch dann kuschelte ich mich zu ihr. Sie wollte, daß ich bei ihr schlafen sollte und entschuldigte sich für ihr vielleicht frustriertes Verhalten. Ich überlegte, ob ihr vielleicht irgendwelche unangenehmen Erinnerungen hochgekommen waren, aber dann wurde ich plötzlich sehr müde und wollte nur noch in ihren Armen einschlafen; ich glaube, uns war es beiden unangenehm, was passiert war: Ich fühlte mich von ihr gestoßen, als Versagerin und sie war verärgert, daß sie zu k.o. gewesen war.
Ich glaube, es ist völlig o.k., daß sie diese Schwierigkeiten hatte, ich hatte sie auch. Es ist immer schwierig, sich jemandem hinzugeben, sich fallen zu lassen ohne die Angst, sich zu verlieren in der anderen, ohne Bilder der Vergangenheit im Kopf...

- Keine Lust auf Klotzbauten – oder auch: Lebensauschnitt einer Untauglichen

Alltag war eingekehrt, erste Sich-Kennlern-Schwierigkeiten waren überwunden, unter der Woche hatten wir wenig Zeit füreinander, hauptsächlich, daß wir uns am Wochenende sahen, meistens in der Reihenfolge:
Freitagsabends fuhr ich quer durch Köln mit meinem Wagen, was schon ein Problem war, da die Knöllchen-Verteiler beim Anwohner- Parken anscheinend geradezu Antennen für fremde Autos in der Südstadt hatten, so daß ich mir stets einen geheimen Parkplatz suchen oder Knöllchen sammeln mußte (hatte ja genug Arbeitslosen-Geld!), nachdem ich den üblichen Berufsverkehrsstau (und vorangegangenen Wochenend-Einkauf sowie Haushalt in Windeeseile) gestreßt am Rheinufer von Norden nach Süden in Kauf genommen hatte. Möglicherweise hatte sie kein Brot da oder irgendwas anderes fehlte ihr meistens, so daß ich auch dieses zuvor in ihrer Nähe mit einem Strauß Blumen oder einer roten Rose besorgte, war sie doch die doppelt Belastete (noch in der Ausbildung und ihr Halbtagsjob), ich als frische Arbeitslose hatte ja den ganzen Tag Zeit!...Auch, wenn und weil ich nur Bilder malen konnte, schrieb oder eine Arbeitsamtsmaßnahme machte, wo ich u. a. auch „Praktika´s absolvierte“, die mich in den Hochbau zurückführen und in ein neues Programm einarbeiten sollten, da ich doch aus der Verkehrsplanung kam...In diesem Rahmen wurde natürlich nicht bezahlt, selbst wenn ich ganz normale Bauzeichner und CAD-Arbeit verrichtete („Es war schön, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, aber leider haben wir keine feste Stelle...“-*Vielen Dank für die Ausbeute*)
– Wieso mußte das mir passieren, die ich einst Leiterin der Zeichenabteilung für Verkehrsplanung in einem renomierten Planerbüro war, wo ich 14 Projekte für 5 Vorgesetzte pro Monat abgearbeitet hatte und keineswegs von oben herab, sondern mit ordentlichem Respekt behandelt wurde? -

Ob ich das alles so wollte?
Ich weiß bis heute nicht, was ich beruflich will, ehrlich gesagt..
Ich habe schon recht viel Verschiedenes gemacht, mein Studium zur Hälfte selbst finanziert (andere Bafög-Hälfte auch zurückbezahlt), gejobbt und jetzt insgesamt 10 Berufsjahre hinter mich gebracht...Es gibt immer Verlierer und Gewinner in diesem System...meistens die einen auf Kosten der anderen...beide machen sich eigentlich mit den gleichen Argumenten fast ähnliche Vorwürfe. Auf jeden Fall ist dieses Leben für mich eine bereichernde Erfahrung und ich kenn mich mit sämtlichen Behördengängen aus...

... Wir gingen entweder noch irgendwo was trinken mit anderen, spazieren und machten es uns bei ihr gemütlich, abschalten kuscheln, Fernsehen, usw., samstags ausschlafen (oder auch nicht), sie joggen, ich Radfahren am Rhein, kochen, ausruhen, rausfahren, irgendwas besichtigen, abends Schwoofen, sonntags fuhr ich „danach“ oft erstmal nach Hause, bastelte oder wusch an ihrem Auto oder traf mich auf 2-3 h mit einer anderen Freundin, wieder zu ihr, sie hatte ihre Berichte getippt, wir machten einen Ausflug, dann das , was in der Statistik alle 2-3 mal in der Woche tun, mal mit mehr, mal mit weniger Leidenschaft, jedenfalls mit mehr Zeit, bevor ich dann Montagsmorgens wieder in meine „Gemach“ zurückkehrte oder von ihr aus direkt zu meiner Maßnahme fuhr...

Wie lange das gut ging?
Viel zu lange...

Im Nachhinein sehe ich jedenfalls alles anders als zu der Zeit als ich so lebte und offensichtlich auch irgendwie Spaß daran gehabt haben muß.

O.k., es gab auch Highlights:
Da war z. B. unser erster gemeinsamer Urlaub, unser 1-jähriges, 1. Ringaustauschen, zahlreiche Theaterbesuche, Kino, äußerst selten jedoch, das war ich öfter gewöhnt (und wollte ich auch nachholen!), Adventszeit, wo wir uns einen Spaß daraus machten, sämtliche Weihnachtsmärkte in Köln und Umgebung abzuklappern, sehr sinnliche und auch kuschelige Winterabende, spontane Überraschungen, interessante Gespräche über die Psysche des Menschen, Ausflüge in andere Städte oder Landschaften, im Sommer an die Seen zum Picknicken, exotische Kochrezepte, lustige, gesellige Abende mit anderen, uvm...

Für mich wurde es zu zwangsstrukturiert, ich stellte mehr und mehr fest, daß sie ein massives Alkoholproblem hatte, ich als ihre Coacherin funktionierte und ich nahm emotional in sich steigernder Form Abschied im letzten Jahr, fühlte mich wie eine Gefangene in ihrem Schatten, selbst karrieremäßig ziemlich hängengeblieben.
Ich mußte mich also rundum erneuern und brauchte beziehungssprengenden Platz dazu, sehnte mich wieder nach der Frau, bei der ich einst glaubte, daß sie die Frau meines Lebens war, daß ich sie jedoch endlich vergessen hatte. Auch verliebte ich mich unglücklich kompliziert und nach 3 Jahren gab es nur noch eins: Trennung.

O.K., ein graues Kapitel für heute, man/frau möge mir verzeihen, es gehört dazu.

Es wurde eine Kaugummi-Trennung mit einem schmerzvollen Ende. Sie suchte sich ausgerechnet meine beste Szene-Freundin, mit der wir oftmals weggegangen waren, die ich seit 14 Jahren kannte, mit der ich schon Vieles erlebt hatte, als ihre Neue aus. Eigentlich kam es für mich nicht überraschend, hatte meine beste Freundin sie doch immer schon heimlich angehimmelt und so jemand paßte Ilona natürlich genau richtig in den Kram: Sich weiterhin betüddeln lassen...
So verlor ich zwei Frauen auf einmal. Irgendwie machte es mir nichts mehr aus, ich litt zwar noch ein Weilchen darunter, weil wir uns in der Frauen-Szene über den Weg liefen, es sich nicht vermeiden ließ, aber ich bekam die Kurve zu meinem Leben wieder...

Aller Neuanfang, jedes Ende ist gewöhnungsbedürftig..., bietet jedoch die wertvolle Chance zu einer Veränderung, denn das hatte ich bereits gemerkt:
Für derartige Schicksalsschläge gab es nur 2 Lösungen: Entweder frau ändert die Einstellung zu der Situation oder die Situation an sich.

Ungefähr 1 Jahr brauchte ich, diese Trennung zu verarbeiten.
Es kamen immer wieder Schmerzen aus den unterschiedlichsten Richtungen hoch, ich ließ sie alle zu, auch, wenn ich dachte, daß ich jetzt am Ende sei, es gab immer wieder noch eine Steigerung. So lernte ich die Selbstheilungsmethode kennen:

Du fragst einfach niemand mehr, ob sie oder er Dir helfen kann, ziehst Dich zurück, ähnlich wie bei einer sehr ansteckenden Krankheit, gehst in Dich und nach endlosen Tränen kommt eine Freude, wie eine Erlösung.
Mittlerweile bin ich dabei der Meinung, wenn man ganz extrem lacht, daß die Tränen kullern und man im Endeffekt eher Gesichtszüge einer Weinenden hat, so kann man ganz extrem weinen, daß irgendwann einfach keine Tränen mehr da sind und man zwangsläufig erst mal lachen muß.
Ich war sehr verdutzt über dieses Phänomen, aber ich merkte, wie auch die Tränen mein Leiden einfach nicht mehr schüren konnten. Ich hatte ja damit auch die Situation – zumindest rein äußerlich nicht geändert.

So stand ich eines Tages aus meinem Totenbett auf, machte mir einen Gang durch den Staub meiner vergammelten Wohnung hin zum Mülleimer und füllte und füllte und füllte ihn, um ihn dann zu lehren. Langsam sah ich wieder, daß ich eine Wohnung besaß, die ich soeben vor dem Guiness-Bucheintrag der schmutzigsten, runtergekommensten und schon leicht nach Leichengeruch riechenden Wohnung gerettet hatte. Denn, man kann lange, bevor man stirbt, tot sein. Ich hatte mich jedoch durchgerungen, aufzustehen...

Schluss mit den Depressionen, her mit dem Bernstein! Auf zu den Esoterikern, Lyrikern, eben Kreativen, Malern, weg von dem ach so nüchternen Job, der sowieso aussichtslos war für meine anderen Talente ! Und davon hatte ich einfach zu viele, wie mir mehr und mehr bestätigt wurde, als ich erst mal damit anfing. Warum nicht ein Risiko eingehen, was hatte ich noch zu verlieren?

Ich meldete mich arbeitslos, um endlich mal Zeit zu haben, zu leben und etwas zu finden, daß mir Spaß macht; wie ich wußte, war auch das der einzige Weg: Alles, was man mit Liebe macht – in meinem Fall ist es die Leidenschaft – gelingt! - sagte ich mir, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Nachdem ich mich finanziell abgesichert hatte, um zumindest meine laufenden Kosten abzudecken und den Rest mit Komparsenjobs reinzubringen, hatte ich wenigstens schon mal eine wichtige Hürde soweit im Griff: Die Existenzsicherung.
(ab hier: frei erfunden, nicht authentisch!)
Gerade hatte ich mich entschlossen, Frauen zu vergessen, Karriere zu machen und so zu leben, daß ich mich vor niemandem rechtfertigen, mit niemandem absprechen, geschweige denn die morgendliche Ruhe oder die einsamen Nächte, die ja auch bei mir zumindest voller schöpferischer Gedanken waren, mit jemand teilen zu müssen, da lief mir eine frühere Freundin über den Weg. D. h. sie hatte mich offensichtlich nicht vergessen und gut in Erinnerung.
O. k., dachte ich, es tut gut, geliebt zu werden, nicht mehr als eine Affäre, es ist menschlich und bei mir dann vielleicht doch auch dann und wann erforderlich, körperlichen Ausgleich durch den Kontakt zu ihr zu pflegen.
Es wurden heiße Nächte, ganz dem Zufall und der Spontanität überlassen, es war spannend, sie meldete sich mit einer Karte, mit einer kurzen sms, die mich zucken ließ, über meine e-mail, per Telefon oder handy oder stand einfach vor der Tür. Ich glaube, so etwas nennt man zufällig und dank der heutigen Kommunikationssysteme hat es ihr an Abwechslung dabei nicht gemangelt. Ich freute mich meistens über diese Zufälle: Wenigstens etwas, das mein Herz höher schlagen ließ, Und vertraut war sie mir auch, wie gesagt, wir hatten 8 Jahre zurück eine Beziehung gehabt.


Und so sollte auch ich noch in diesem Leben in den arbeitsaufwendigen, dafür sich lohnenden Genuß eines Lebens zu zweit kommen.

Oft dachte ich an das Karnevalslied in Köln zurück, was alljährlich in mir wach wurde genau zu dieser besagten Karnevalszeit:

Is dat denn nix Marie?
Is dat denn jar nix?
An eije hüsje,
wat net vüll koss?
Ene Stall voll küchelcher
Mit dicke Büchelcher
Und neven beij
Noch ene Pöstje an drr Post!

Übersetzt:

Ist das denn nichts, Marie?
Ist das denn gar nichts?
Ein eigenes Haus,
was nicht viel kostet.
Ein Stall voll Hühner
Mit dicken Bäuchen
Und nebenbei noch
Einen Posten an der Post.

wer Interesse an rheinländischer Sprache hat, möge an dieser Stelle ein Päuschen einlegen und auf www.Köln.de wechseln, dort gibt es irgendwo, glaub ich, den link: Kölsche Akademie oder so ähnlich, aber für niederrheinisch gibt´s mit Sicherheit wieder einen ganz anderen! Vielleicht irgendwo bei Mönchengladbach zu finden...

Irgendwie klingt es recht ordinär im Vergleich zum Hochdeutschen und auch der Text ist nicht so prickelnd, aber das sang mein Vater immer meiner Mutter vor, wenn er gut drauf war, es war sein Ausgleich für superkorrektes Beamtenverhalten am Arbeitsplatz, schätze ich...

Ja, natürlich bekamen wir noch Zuwachs, als wir dann endlich irgendwo bei Straßburg in ein Fachwerkhaus aufs Land zogen, ein Pflegekind und eine Katze. Natürlich hatte ich meinen eigenen Schuppen nebenan zum Austoben mit Farben und Formen, manchmal sogar echten Bildern, aber das Schönste war, daß ich nachts wieder ruhig schlafen konnte und endlich mal ein einfaches, dafür sehr geschätztes und ergiebig harmonisches Liebesleben führen konnte.



- FIN -

(CO) Jeannette Hollmann, 2002
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Re: Die Wölfin

Beitragvon MissDreamy » 1. Aug 2012, 23:06
(Für Ilona)
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Re: Die Wölfin

Beitragvon MissDreamy » 2. Jul 2014, 00:40
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Re: Die Wölfin

Beitragvon MissDreamy » 12. Mai 2017, 16:14
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